Wenn es um schnelle Internetanbindungen geht, wird in Deutschland gerne und viel gemeckert. Dabei schreitet der Ausbau der Netze auch hierzulande voran. Wie ist der aktuelle Stand wirklich?
Auch wenn in letzter Zeit vor allem die Mobilfunknetze der fünften Generation (5G) von sich reden gemacht haben, kommt dem Ausbau der Glasfasernetze doch ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der schnellen Anbindung von Unternehmen und Privathaushalten zu. Die schlechte Nachricht wollen wir Ihnen dabei nicht vorenthalten: Die immer wieder zu hörende Kritik am Ausbau der Breitbandnetze in Deutschland ist vielerorts leider immer noch berechtigt. Aber es gibt Anzeichen für eine Besserung der Situation sowohl bei Unternehmen als auch Endkunden.
Bisheriger Glasfaserausbau
Der Anteil der Glasfaseranschlüsse an allen stationären Breitbandverbindungen in Deutschland hat Ende 2020 nur etwa 5,4 Prozent betragen. Ein Jahr zuvor waren es 4,4 Prozent und Ende 2018 3,2 Prozent. Die Zahlen stammen aus einer Erhebung der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Andere Länder sind beim Fibre-Ausbau erheblich weiter als Deutschland. So beträgt der Glasfaseranteil bei den Spitzenreitern Südkorea und Japan bereits 84,8 beziehungsweise 81,6 Prozent. Die höchsten Werte in Europa erreichen Litauen mit 76,6 Prozent und Schweden mit 75 Prozent.
Der von der OECD ermittelte Durchschnitt liegt bei 30,6 Prozent, also ebenfalls weit höher als der in Deutschland erreichte Wert. Schlusslicht der Liste ist Griechenland mit 0,2 Prozent. Auch Österreich hängt mit einem Anteil von 4,4 Prozent noch deutlich zurück.
Etwas besser sieht es hierzulande immerhin bei der „technischen Abdeckung“ aus. Sie ist nicht identisch mit der Zahl der tatsächlich genutzten Glasfaserzugänge und beträgt in Deutschland nach Angaben des FTTH Councils Europe momentan etwa 10 Prozent. Nur jeder Dritte potentielle Kunde (33 Prozent) in Deutschland ergreift aber die Chance und nutzt einen der verfügbaren Glasfaseranschlüsse. Im Durchschnitt der erfassten EU-Länder sind es 43,3 Prozent.
Deutschland gehört beim Glasfaserausbau immer noch zu den Schlusslichtern.
Quelle: OECD
Eine Million neue Glasfaseranschlüsse 2020
Eine gemeinsam erstellte Studie der Marktforschungsgesellschaft Dialog Consult und des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) kommt zu ähnlichen Ergebnissen. So gab es laut der „22. TK-Marktanalyse Deutschland 2020“ im vergangenen Jahr hierzulande etwa 5,1 Millionen Glasfaseranschlüsse. Nur 1,87 Millionen oder 36,6 Prozent seien davon „aktive Anschlüsse“, der Rest sind „verfügbar, aber nicht aktiv“. Immerhin ist der Anteil der aktiven Anschlüsse in den vergangenen Jahren nahezu kontinuierlich gestiegen. Ebenfalls positiv zu vermerken ist, dass die Gesamtzahl der Glasfaseranschlüsse in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um etwa eine Million gestiegen ist. Dieses Wachstum um fast ein Viertel lässt hoffen.
Die Prognosen des FTTH Council Europe sorgen ebenfalls für Zuversicht. Bis zum Jahr 2026 rechnet die Organisation mit einer Marktdurchdringung bei Glasfaseranschlüssen von rund 59 Prozent aller Haushalte in Deutschland. Das ist dann immerhin etwas mehr als die für 39 europäische Länder prognostizierte durchschnittliche Marktdurchdringung von 57,8 Prozent. Deutschland wird also voraussichtlich aufholen.
Noch beeindruckender ist das vorausgesagte Wachstum bei den Glasfaserkunden. 2020 lag ihre Zahl in Deutschland bei etwa zwei Millionen. Für 2026 rechnet das FTTH Council Europe mit rund 25 Millionen Glasfaserkunden. Das wäre ein Wachstum von rund 1.757 Prozent. Nur in Großbritannien erwarten die Experten ein noch stärkeres Wachstum von 3.000 Prozent. Momentan liegt das Land mit 1,4 Millionen Glasfaserkunden aber auch leicht zurück. 2026 sollen es dort dann 24 Millionen sein.
Nur 36,6 Prozent der verfügbaren Glasfaseranschlüsse in Deutschland werden bislang aktiv genutzt.
Quelle: Dialog Consult/VATM
Anstrengungen der TK-Anbieter beim Glasfaserausbau
Naturgemäß hängt der bislang stockende Glasfaserausbau eng mit den Telekommunikationsanbietern zusammen. Die meisten wollen ihre Bemühungen in den kommenden Jahren aber deutlich intensivieren. So hat die Deutsche Telekom angekündigt, bis 2030 alle deutschen Haushalte mit Glasfaseranschlüssen versorgen zu wollen. Der ehemalige Staatskonzern will dazu alleine bis zu zwei Millionen Haushalte pro Jahr an die schnellen Breitbandnetze anschließen. Trotz Corona laufe der Ausbau also auf vollen Touren, sagte Tim Höttges bei der Vorstellung der Pläne. Er ist seit Anfang 2014 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom.
Der Glasfaserausbau sei aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, mahnte Höttges. Man müsse sie daher gemeinsam bewältigen. Die Telekom wolle unter anderem auf Kooperationen mit lokalen Versorgern setzen. Darüber hinaus benötige man aber auch schnellere Genehmigungen. Eine generelle Akzeptanz „alternativer Verlegemethoden abseits vom Tiefbau“ würde vieles beschleunigen und vereinfachen.
Auf der Webseite des Bundesministeriums für Verkehr findet sich ein Breitbandatlas, der unter anderem zeigt, wie es um die Versorgung mit Anschlüssen aussieht, die schneller als 1.000 MBit/s sind.
38,9 Prozent der Breitbandkunden insgesamt (nicht nur Glasfaser) entfallen nach Angaben des VATM auf die Telekom, gefolgt von Vodafone mit 30,3 Prozent. Nach eigenen Angaben versorgt der britische TK-Provider hierzulande aber bisher erst 50.000 Unternehmen und 150.000 Haushalte mit Glasfaseranschlüssen. Im Vergleich zum Marktführer ist das noch recht bescheiden. Aber immerhin ist die Take-up-Rate bei den Wettbewerbern deutlich höher als bei der Deutschen Telekom. Damit ist die Zahl der Kunden gemeint, die einen zur Verfügung stehenden Glasfaseranschluss auch wirklich ordern. Sie betrug im vergangenen Jahr nach Aussage des VATM bei den Konkurrenten 42,6. Bei der Telekom waren es 27,1 Prozent.
Warum es beim Glasfaserausbau hakt
Einer der wichtigsten Gründe, warum Deutschland beim Glasfaserausbau bislang zurückhängt, sind die hohen Kosten, die schnell in die Milliarden gehen können und die daher von den TK-Anbietern gescheut werden. Für Fibre-Anschlüsse müssen sie meist komplett neue Leitungen verlegen – das kostet. Für DSL oder auch VDSL lassen sich dagegen die bestehenden Telefonleitungen nutzen. Mittlerweile sind über die klassischen Kupferkabel etwa mit Hilfe der neuen Technik G.fast Übertragungsraten von bis zu 1.000 MBit/s möglich. Die Reichweite der von der Internationalen Fernmeldeunion ITU dafür entwickelten Standards G.9700 und G.9701 liegt aber unter 250 Meter. Selbst innerhalb dieser Distanz kommt es schnell zu Leistungseinbußen.
Ein weiterer hemmender Punkt ist der Erfolg der 5G-Technik. Im Vergleich zu einem flächendeckenden Glasfaserausbau ist der LTE-Nachfolger erheblich kostengünstiger zu haben. Dafür kann die Glasfaser bei der Zuverlässigkeit punkten. Darüber hinaus ist auch das teilweise nur geringe Interesse der Kunden an einem Glasfaseranschluss ein Hemmschuh. Bevor die TK-Anbieter daher in einem Gebiet aktiv werden, führen sie meist erst Umfragen bei potentiellen Interessenten durch. Unterschreiben diese zu wenige Vorverträge, wird der Ausbau bis auf Weiteres verschoben.
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